Universität
Bremen

 

Projekt der Gewerbeaufsicht Bremen

Schutz der Verbraucher bei der Verwendung chemischer Produkte im Haushalt

Bei einer stichprobenartigen Überprüfung von Haushaltschemikalien blieb nur jedes zweite Produkt ohne Beanstandungen.

Durch Haushaltschemikalien kommt es immer wieder zu schweren Unfällen, manchmal mit tödlichem Ausgang. Betroffen sind meist Kleinkinder. Die Verpackungen dieser gefährlichen Produkte müssen daher mit Warnhinweisen sowie – bei besonders gefährlichem Inhalt – mit kindergesicherten Verschlüssen versehen sein. Zum Öffnen sind zwei unterschiedliche Bewegungen, die gleichzeitig ausgeübt werden müssen (meistens Drücken und Drehen, s. Abb. 1) erforderlich. Kleine Kinder können diese Verpackungen nicht öffnen und werden dadurch vor dem gefährlichen Inhalt geschützt.

Kindergesicherter Verschluss

Abb. 1: Kindergesicherter Verschluss

Gefahrenpiktogramm Ätzwirkung

Abb. 2: Gefahrenpiktogramm auf der Verpackung eines ätzenden Rohreinigers

Gefahrenpiktogramm Gesundheitsgefahr

Abb. 3: Gefahrenpiktogramm auf der Flasche eines aspirationsgefährlichen Lampenöls

Wie z.B. den „Ärztlichen Mitteilungen bei Vergiftungen“ vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zu entnehmen ist, ereignen sich dennoch zahlreiche Unfälle, die auf das Fehlen eines wirksamen kindergesicherten Verschlusses zurückzuführen sind. Solche Erkenntnisse veranlassten die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) zur Durchführung eines Projekts, an dem die Gewerbeaufsicht des Landes Bremen als Verbraucherschutzbehörde teilnahm.

Dazu wurden bei zwei Herstellern von Haushaltschemikalien sowie in einer Filiale einer bundesweiten Einzelhandelskette insgesamt 18 Proben entnommen, z.B. Reinigungsmittel, Lampenöl und Abflussreiniger. Die Überprüfung beschränkte sich dabei nicht auf die Verschlüsse. Bei dieser Gelegenheit wurden auch z.B. die Einstufung,  Kennzeichnung, Gefahrenhinweise, Verpackung sowie die Qualität des Sicherheitsdatenblatts überprüft.

Art des Mangels

Anzahl Produkte

Kindergesicherter Verschluss fehlt

2

Wirksamkeit des kindergesicherten Verschlusses zweifelhaft

3

Tastbarer Gefahrenhinweis fehlt

1

Tastbarer Gefahrenhinweis entspricht nicht den Anforderungen

3

Kennzeichnungsmängel

4

Mangelhafte Angaben im Sicherheitsdatenblatt

3

Tab. 1: Festgestellte Mängel bei der Überprüfung von 18 Haushaltschemikalien. Einige Produkte wiesen mehrere Mängel auf.

Die wesentlichen Mängel sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Im Folgenden werden einzelne Mängel genauer beschrieben:

  • Trotz der Einstufung als „hautätzend der Kategorie 1“ und Kennzeichnung mit „Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden“  waren die Verpackungen von zwei stark sauren Reinigungsmitteln ohne kindergesichertem Verschluss ausgestattet.
     
  • Drei Verpackungen waren zwar mit kindergesicherten Verschlüssen versehen, doch deren Wirksamkeit musste angezweifelt werden. Für die Verschlüsse eines Rohreinigers und eines WC-Reinigers (beide stark ätzend) konnten keine gültigen Nachweise eines zertifizierten Prüfinstituts vorgelegt werden. Die wiederverschließbare Verpackung eines Pinselreinigers, der aufgrund seiner Aspirationsgefahr (d.h. die orale Aufnahme bereits kleinster Mengen kann zu einer lebensbedrohlichen Schädigung der Lunge führen) ließ sich – trotz entsprechender Prüfbescheinigung über die Kindersicherheit – bereits ab dem zweiten Mal mühelos öffnen.
  • Für sehbehinderte Personen reicht das Etikett auf der Verpackung nicht aus, um vor dem gefährlichen Inhalt zu warnen. Daher müssen die Verpackungen von z.B. akut toxischen und ätzenden Produkten mit einem tastbaren Gefahrenhinweis versehen sein (s. Abb. 4). Bei einem ätzenden Reinigungsmittel fehlte dieses Zeichen gänzlich, bei drei anderen Produkten war es so klein oder flach, dass es kaum fühlbar war.
Tastbarer Gefahrenhinweis

Abb. 4: Tastbarer Gefahrenhinweis

  • Aufgrund des Auslaufens der Übergangsfrist müssen seit dem 1. Juni 2015 Gemische, wozu die meisten chemischen Produkte im Haushalt gehören, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) eingestuft, gekennzeichnet und verpackt werden. Der Hersteller eines Haushaltsreinigers hat zwar das Etikett an die neuen Anforderungen angepasst, nicht jedoch die Verpackung. Aufgrund der strengeren Kriterien der CLP-Verordnung ist das Produkt nun eingestuft als „Skin Corr. Kategorie 1A – Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden“. Das Reinigungsmittel wurde dennoch weiterhin in einer Flasche ohne kindergesicherten Verschluss und tastbarem Gefahrenhinweis verkauft. 
  • Da bestimmte Inhaltsstoffe allergische Reaktionen hervorrufen können, müssen Duftstoffe mit sensibilisierender Wirkung insbesondere auf der Verpackung von Wasch- und Reinigungsmitteln angegeben werden. Diese für den Verbraucher wichtige Information fehlte bei zwei Reinigungsmitteln.
     
  • Im Notfall, z.B. wenn ein Kind von einem Haushaltsreiniger getrunken hat, müssen rasch die erforderlichen produktspezifischen Informationen zur medizinischen Erstversorgung vorliegen. Für ein Produkt liegen jedoch der Giftnotrufzentrale nicht die nötigen Informationen vor. Bei zwei Produkten ist eine betriebseigene Notrufnummer angegeben, die zu „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ führt.
Sprühflasche eines ätzenden Reinigungsmittels ohne kindergesicherten Verschluss

Abb. 5: Sprühflasche eines ätzenden Reinigungsmittels ohne kindergesicherten Verschluss

Gefährliche Haushaltschemikalien

Abb. 6: Gefährliche Haushaltschemikalien

Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung mitteilt, sind Unfälle ab dem ersten Lebensjahr das größte Gesundheitsrisiko für Kinder und Jugendliche. Dabei stellen Vergiftungen durch Haushaltsprodukte, insbesondere Reinigungsmittel, nach Sturzunfällen die zweithäufigste Unfallart im Kleinkindalter dar. Eine Maßnahme zur Verhinderung solcher Unfälle sind kindergesicherte Verpackungen, die Kleinkindern die Öffnung und damit den Zugriff auf den Verpackungsinhalt erschweren.

Informationen der Fachliteratur: Vergiftungsunfälle bei Kindern, Bundesinstitut für Risikobewertung (2009); EN ISO-Norm 8317, Kindergesicherte Verpackungen – Anforderungen und Prüfverfahren für wiederverschließbare Verpackungen (2004).

Die Inverkehrbringer der mangelhaften Produkte wurden von der Gewerbeaufsicht zur umgehenden Beseitigung der Mängel aufgefordert. Wenn sich der Hersteller in einem anderen Bundesland befindet, erfolgte dies über die dort zuständigen Behörden. Bei akuter Gefährdung (fehlendem kindergesicherten Verschluss) wurde der weitere Verkauf untersagt, was zu einer deutschlandweiten Rückrufaktion aus den Geschäften führte.

Bei diesem Projekt konnten zwar nur 18 Produkte überprüft werden, doch die Mangelquote (nur 9 Produkte waren ohne Beanstandungen) und das Unfallgeschehen zeigen die Bedeutung dieses Themas, dem sich die Gewerbeaufsicht im Rahmen seiner Möglichkeiten auch weiterhin widmen wird.

Quelle: Dr. Boris Klein, Jahresbericht der Gewerbeaufsicht des Landes Bremen 2015

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