Bei der Überprüfung der Arbeitsschutzorganisation werden zunächst die wesentlichen Betriebsdaten ermittelt. Dazu gehört z.B. die Zahl der Beschäftigten, da manche Anforderungen, wie z.B. die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten oder die Bildung eines Arbeitsschutzausschusses, von der Betriebsgröße abhängig sind.
Die erste inhaltliche Frage ist zugleich die wichtigste: „Wer ist für den Arbeitsschutz verantwortlich?“ Meist ist sich der Arbeitgeber seiner Verantwortung bewusst. Manchmal aber werden hier Personen benannt, die sich zwar um die Belange des Arbeitsschutzes im Betrieb kümmern, wie z.B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit, doch diese berät nur den Arbeitgeber bei der Erfüllung seiner Pflichten ohne selbst dafür die Verantwortung zu tragen. Ist der Arbeitgeber sich seiner Verantwortung nicht bewusst, bestehen meist Defizite in der Organisation des Arbeitsschutzes und auch materielle Mängel, die zu einer Gefährdung der Beschäftigten führen können. Wenn sich niemand verantwortlich fühlt, besteht die Gefahr, dass sich auch niemand zuständig fühlt. Wenn es nach einem schweren Unfall zu einer Gerichtsverhandlung kommt, wird zunächst nach den Verantwortlichen gesucht. Spätestens hier rächt sich ein Organisationsverschulden.
Der Arbeitgeber besitzt grundsätzlich die volle Verantwortung, doch er kann sich zumindest teilweise davon entlasten, indem er ihm obliegende Pflichten auf eine andere Person überträgt. Diese Person muss er sorgfältig auswählen. Sie muss zuverlässig sein und die zur Ausübung der Aufgabe erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzen. Ihr müssen die nötigen finanziellen und sonstigen Mittel, Informationen und Zeit zur Verfügung gestellt werden. Die Verantwortung muss eindeutig, umfassend und schriftlich geregelt werden. Zumindest stichprobenweise muss der Arbeitgeber kontrollieren, ob diese Person ihren Verpflichtungen nachkommt.
Die Anzahl und der Umfang der Vorschriften, die der Arbeitgeber zu beachten hat, sind so groß, dass er diese nicht alle im Detail kennen kann. Oftmals ist für die Umsetzung der Vorschriften ein spezielles Fachwissen erforderlich. Der Arbeitgeber muss sich somit von Experten unterstützen lassen. Für den Arbeitsschutz sind dies meist eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und ein Betriebsarzt. Bei unserer Überprüfung der Arbeitsschutzorganisation fragen wir nicht nur, ob solche Experten beauftragt wurden (oder eine andere Form der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung praktiziert wird), sondern prüfen auch, ob sie ihre nach Arbeitssicherheitsgesetz und BGV A2 vorgegebenen Aufgaben erfüllen. Dazu fragen wir z.B. nach dem Termin der letzten Begehung der Arbeitsplätze und nach dem Tätigkeitsbericht.
Ergänzende Fragen zur Arbeitsschutzorganisation betreffen die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten und die Bildung eines Arbeitsschutzausschusses sowie dessen Tätigkeit. Selbst bei bester Organisation des Arbeitsschutzes sind Unfälle und Notfälle niemals völlig auszuschließen. Daher fragen wir, ob ausreichend Ersthelfer bestellt wurden und ob diese über eine ausreichende Ausbildung und aktuelle Fortbildung verfügen. Wir erkundigen uns auch nach den Maßnahmen zur Brandbekämpfung und zur Evakuierung der Beschäftigten im Notfall.
Von zentraler Bedeutung sind die Fragen zur Gefährdungsbeurteilung. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsbedingungen zu beurteilen, die notwendigen Maßnahmen zum Arbeitsschutz durchzuführen und deren Wirksamkeit zu überprüfen. Dies alles muss außerdem dokumentiert werden. Die Überprüfung in 125 Betrieben im Jahr 2006 zeigte, dass nur in etwa jedem zweiten Betrieb eine vollständige Gefährdungsbeurteilung durchgeführt worden ist (s. Abb. 3). Ein Drittel der befragten Unternehmen hatte damit zwar begonnen, jedoch noch nicht abgeschlossen. Auch mehr als 10 Jahre nach Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes haben 23% der Betriebe die Gefährdungsbeurteilung noch nicht begonnen.
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